Gutes tun macht einfach glücklich
Ein Tropfen auf den heißen Stein?
von Veronika Nordlohne
Als ich nach Ceausescus Tod, im Fernsehen einen Film über ein Kinderheim in Rumänien sah, war ich zutiefst erschüttert. Die Bilder von den Kindern haben mich nie los gelassen. Aber, was konnte ich tun. In den folgenden Jahren musste ich immer wieder an diese Kinder denken. Als ich dann 2001 bei mir im Ort Vorsitzende von unserem Chor wurde, erzählte ich den Vorstandsmitgliedern von dem Bericht vor 10 Jahren im Fernsehen. Die Zusage der Chormitglieder, Kinder in Rumänien zu helfen, gaben mir den Rückhalt und Mut, mein Ziel in Angriff zu nehmen. Unsere Franziskaner im Ort gaben mir den Tipp, Kontakt mit Pater Ulrich in Wien aufzunehmen. Er war zuständig für die osteuropäische Mission der Franziskaner.
Da ich aber keine Vorstellung hatte, wie ich anfangen sollte, gab P. Ulrich mir den Tipp von einem Kinderheim in Deva. Er sagte mir, dass dieses Heim von einem Franziskaner geleitet würde.
Einige Tage später entdeckte ich einen Bericht im Internet über die Kolpingfamilie aus Stadtlauringen. Fotos sah ich, wie ein LKW vor dem Kloster stand und von einigen Leuten Hilfsgüter abgeladen wurden. Die Namen dieser Männer standen unter den Fotos. Ich recherchierte im Internet nach ihren Telefonnummern. Ich rief Albin Hußlein an, erzählte ihm von meiner Idee. Er sagte mir, dass das Kinderheim eine gute Adresse für meine Hilfe sei.
Da ich aber auch direkten Kontakt mit dem Heim wollte, versuchte ich irgendwie nach Deva/Rumänien zu kommen. Ich hatte mich für einen Flug nach Timisoara entschieden. Im Oktober 2001 machte ich mich mit einer Spende in der Tasche auf den Weg. Ich wurde vom Flughafen von einem Mitarbeiter abgeholt. In Deva angekommen, zeigte er mir mein Zimmer im Kindergarten des Heimes. Die Ausstattung hatte wenig mit meinem Schlafzimmer zu Hause zu tun: eine Matratze auf der Erde mit einer Decke, das Bad gehörte zum Kindergarten, die Armaturen waren nur teilweise zu gebrauchen, da wusste ich, dass ich in den nächsten Tagen auf die einfachsten Dinge im Bad verzichten musste. Der Mitarbeiter verabschiedete sich mit den Worten, dass Pater Csaba mich am anderen Morgen begrüßen würde. Nach einem sehr guten Schlaf, wartete ich vor dem Heim auf Pater Csaba. Ein Mann in Zivil kam mit einem Lächeln auf mich zu und stellte sich vor. Das war die erste Begegnung mit Pater Csaba. Seine Ausstrahlung hat mich fasziniert. (in den folgenden Jahren hörte ich des öfteren von anderen Unterstützern, dass der Virus Pater Csaba mich auch ereilt hätte). In den nächsten Tagen habe ich ihn näher kennen gelernt. Ich war begeistert, wie er in den Elendsgebieten mit den armen Familien und ihren Kindern umgegangen ist, egal wie verdreckt sie waren, ihre Hütten nach unserem Ermessen unzumutbar klein, dreckig und menschenunwürdig. Dann später sein Umgang mit den Kindern, die ein neues Zuhause im Heim gefunden hatten und den Mitarbeitern hat mich fasziniert. Als ich nach 5 Tagen die Heimreise antrat, wusste ich, dass ich das Kinderheim gefunden hatte, was wir unterstützen wollten
Zu Hause angekommen, zeigte ich den Chormitgliedern meine Fotos und erzählte meine Erlebnisse mit großen Emotionen. Gemeinsam überlegten wir, wie wir Geld bekommen könnten, wie wir unser Projekt öffentlicher machen könnten, welche Aktionen wir starten könnten.
Angefangen sind wir mit Ostereier kochen, färben und verkaufen. Anfangs waren es so 1.600 Eier. Eine Frauengruppe kochte die Eier in große Kessel und färbten sie dann. Schnell sprach sich diese Aktion rum. Heute, 2018 hatten wir 5.200 Eier, die im Vorfeld schon bestellt waren. Am 1. Ostertag brannte ein “Osterfeuer für die Kinder in Rumänien”. Der Erlös von dem Verkauf der Getränke und Bratwürste konnte dem Spendenkonto zugeführt werden. Der Gewinn von beiden Aktionen belief sich auf 3.000 Euro.
Im Laufe der folgenden Jahre organisierte ich mit meinem Mann zweimal einen Weihnachtsmarkt, dann einige Male einen Dämmerschoppen (Musikband spielte ohne Gage) dann veranstaltete der Chor, gemeinsam mit dem Kolpingorchester ein Benefizkonzert.
Seit über 10 Jahren bekomme ich eine Spende, die mich sehr glücklich macht. Ich war als Heilpädagogin im Andreaswerk angestellt, Das Andreaswerk hat verschiedene Einrichtungen für Behinderte, von der Frühförderung angefangen , Schule, Werkstatt, bis zum betreuten Wohnen. Die Mitarbeiter dieser Einrichtung geben jeden Monat einen gewissen Betrag in die Mitarbeiterkasse. Einmal im Jahr bekomme ich eine Summe bis zu 3.500 Euro auf mein Spendenkonto. Einige gute Bekannte überweisen jeden Monat 200.00 und das schon seit vielen Jahren. Diese Bekannten bekommen auch regelmäßig von mir Informationen über mein Hilfsprojekt.
Zweimal war eine Kindergruppe aus dem Heim zu Besuch in meinem Dorf. Sie waren in Familien untergebracht.
Diverse Artikel erscheinen in der Zeitung, nachdem ich in Rumänien war. Unter diesen Berichten steht immer die Spendenkontonummer, Ich halte Vorträge mit Fotos über meine Hilfsprojekt in Schulen, Vereine und Gruppen. Einige Vereine veranstalten innerhalb ihres Vereins Aktionen, zugunsten meines Projektes. Meine persönlichen Kontakte tragen auch dazu bei, dass ich gute Spenden bekomme.
Mittlerweile fliege ich zweimal im Jahr nach Rumänien. Ich nehme immer einige Interessierte (mittlerweile waren es wohl 100)mit, um ihnen auch zu zeigen was mit meinen Spendengeldern gemacht wird und wurde.
Was mich besonders froh macht ist, dass ich mittlerweile 45 Patenschaften vermitteln konnte.
Meine Unterstützung hat sich im Laufe der Jahre verändert. Am Anfang habe ich viele Hilfsgüter selber mit einem Lieferwagen nach Rumänien gebracht. Heute ist diese Hilfe weniger geworden. Ich versuche Spenden zu bekommen, um gezielt zu unterstützen. Z.B wenn neue Betten benötigt werden, sie lasse ich dann in Rumänien bauen. Wenn Fenster erneuert werden müssen, oder diverse Reparaturen ausgeführt werden , ein neuer Heißwasserkessel angeschafft werden muss und vieles mehr.wird in Rumänien erledigt
Ein Hort in Csíkszentdomokos wurde gebaut. Ich konnte 20.000 Euro dazu geben. In den letzten Jahren unterstützten mich meine Spender, sodass ich mittlerweile 5 Ford Transits kaufen konnte für die Heime in Petrosanie, Orastie,Gheorgheni,Alba Julia und Deva. Für Torocko konnte ich das Auto mit einer Restfinanzierung unterstützen.
Für mich war und ist die folgende Investitution am wichtigsten. Als mein Mann im August 2008 verstarb, habe ich auf Grabschmuck (Kränze und Gestecke) verzichtet, Ich bat dafür um Spenden für die Stiftung. Es kam soviel Geld zusammen, dass die Stiftung einen neuen Speisesaal bauen konnte. Bei meinem ersten Besuch danach wurde der Raum mit vielen Emotionen eingeweiht. Heute steht ein Foto meines Mannes im Eingang des Raumes in der Vitrine.
Bei all meinen Besuchen bin ich immer wieder begeistert, wie die Sozialmütter/Väter sich um die Kinder bemühen, ihnen sehr viel Liebe und Zuwendung schenken, ihnen ein Zuhause geben.
Ihre und auch meine Hilfe mag wie ein Tropfen auf dem heißen Stein anmuten, aber es ist wie ein Tropfen im Ozean, der nie verloren geht. Die Tatsache, dass die Kinder, in der Obhut von Pater Csaba und seinen Mitarbeitern aufwachsen, eine Chance auf eine bessere Zukunft bekommen, indem sie nicht nur mit Essen, Medikamenten und Kleidung versorgt werden, sondern auch für ihre Ausbildung gesorgt wird, zeigt eben auch, dass ihr persönlicher Einsatz für jedes einzelne dieser Kinder immens viel zählt. Ich bin der Meinung, durch die Hilfe von Außerhalb wird ihre Arbeit positiv unterstützt und gibt ihnen Mut und das Gefühl, dass ihre großartige Arbeit anerkannt wird.
Nun möchte ich zum Schluss eine Aussage von Pater Csaba niederschreiben, die er mir gegenüber vor vielen Jahren gemacht hat:
„Du musst dir vorstellen, ein Sack Kartoffeln im dunklen Keller. Die Kartoffeln liegen dort ohne Licht, faulen und stecken sich gegenseitig sogar an. Aber holt man die Kartoffeln ans Licht, dann beginnen sie zu keimen, und gibt man ihnen vielleicht noch ein bisschen Nahrung, wächst daraus eine Pflanze, die später Früchte hervor bringt.“